Interkulturelles Lernen im RomoKher Mannheim

Vor kurzem führte der Philosophiekurs des SG 12 mit ihrem Kurslehrer Michael Heitz eine außerschulische Unterrichtseinheit in der Welt der Sinti und Roma durch. Im RomnoKher, einem Ort der Begegnung und des Dialogs zwischen Minderheiten und Mehrheiten vertieften wir unser Unterrichtsthema „Interkulturelles Lernen – Akzeptanz von Minderheiten“. Das Haus in den Planken B7,16 gehörte bis zum Jahr 1933 einer jüdischen Familie und wurde bis zu dessen Beschlagnahmung durch die Nationalsozialisten über viele Jahre als Weinhandlung, u.a. mit direktem Anschluss für den Weintransport an den nahegelegenen Mannheimer Rheinhafen, genutzt. Im Jahre 2007 konnte es u.a. vom Landesverband der Deutschen Sinti und Roma Baden Württemberg e.V. erworben werden und dient seither auch als ein Ort der Bildung und Aufklärung, sowie der Antiziganismusforschung. Dort begrüßte uns der pädagogische Leiter David Weiss und führte uns in die Geschichte der deutschen Sinti und Roma ein. Mit persönlichen Erzählungen aus seiner Familie zeigte er uns Kursteilnehmerinnen auf, mit welchen alltäglichen Probleme ein deutscher Sinti oder Roma allein aufgrund seiner Abstammung stoßen kann – selbst in unserer heutigen modernen und „aufgeklärten“ Welt. Von Problemen bei der Job- und Wohnungssuche, über Benachteiligungen im Bildungsbereich bis zu einer Verweigerung der Bestellung im Restaurant, erzählte uns Herr Weiss auf was für Hindernisse er, seine Familie aber auch andere deutsche Sinti und Roma schon gestoßen sind bzw. immer noch stoßen.

Nach der Einführung widmeten wir uns der Ausstellung, die sich im ehemaligen Weinkeller befindet. Herr Weiss hob hervor, dass allein in Europa ca. 12 Millionen Sinti und Roma leben und verdeutlichte uns diesen Sachverhalt anhand von Landkarten. In einem nächsten Schritt ging er auf die historischen Begebenheiten ein und bemerkte, dass Sinti und Roma im Laufe der Geschichte in Europa oft unerwünscht waren und teilweise als „vogelfrei“ erklärt wurden. Mit dem Begriff „Zigeuner“ wurden diese Bevölkerungsgruppe auch im deutschsprachigen Raum stigmatisiert und systematisch an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Diese Fremdbezeichnung ist für Sinti und Roma diskriminierend, kann der Begriff Zigeuner z.B. irrtümlich als „Zieh-Gäuner“ ((umher-)ziehende Gauner), gedeutet werden. Auch deshalb haftet der Bezeichnung Negatives an und es ist daher unangemessen diesen Begriff zu verwenden.

Auch die Vorschriften aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit, dass sie keine Besitztümer und Häuser haben dürfen, trug mit dazu bei, dass sie ohne feste Heimat und Haus waren und auch das „fahrende Volk“ genannt wurden.

Bis heute halten sich vielerorts immer noch die mittelalterlichen Stereotypen, des kinderklauenden, frauenverführenden „Zigeuners“ und seiner mit freizügigen Kleidern und meist als Wahrsagerin arbeitenden, schwarz-langhaarigen rassigen „Zigeunerfrau“.

Obwohl viele männliche Sinti und Roma aktiv im Ersten Weltkrieg als deutsche Soldaten für ihr Vaterland kämpften und einige von ihnen dafür ihr Leben ließen, wurde den Sinti und Roma auch in der Weimarer Republik nach wie vor eine gleichberechtigte Schulbildung verwehrt.

In der NS-Zeit wurden dann die deutschen Sinti und Roma systematisch verfolgt und in KZ Lager gebracht. Viele wurden dort, wie viele Sinti und Roma aus anderen europäischen Ländern, ermordet. Nur wenige überlebten die Gräueltaten der Nationalsozialisten. Selbst in der neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland dauerte es Jahrzehnte, bis dies als Völkermord anerkannt wurde und erst im Jahre 2012 wurde in der Nähe des Berliner Reichstagsgebäudes eine Gedenkstätte für die über 500.000 Opfer errichtet. Bis heute geben sich viele berühmte Persönlichkeiten, wie z.B. Helen Mirren, Michael Caine oder Marianne Rosenberg erst auf dem Höhepunkt ihrer Karriere als Sinti und Roma zu erkennen, weil sie sonst fürchten müssten, es im Show Business nicht zu schaffen.

Ähnlich erging es dem erfolgreichen Schauspieler Charlie Chaplin.

Neben den Landkarten und Bildern von berühmten Sinti und Roma, zeigte uns ein anderer Teil der Ausstellung noch viele antiziganistische Stereotypen sowie Alltagsprodukte, die das Bild der Vorstellung eines „Zigeuners“ wiedergeben. Darunter befanden sich vor allem Kinderbücher und Filme wie „Der Glöckner von Notre Dame“ und „Arpad der Zigeuner“ oder deutsche Schlager („Zigeunerjunge“ von Alexandra) sowie Nahrungsmittel wie die „Zigeunersauce“ oder der „Zigeunertopf“.

Der Nachmittag war für uns Kursteilnehmerinnen eine wirkliche Bereicherung und Horizonterweiterung. Durch die Ausführungen und den Besuch der Ausstellung konnten wir neue Einblicke in die Welt einer deutschen Minderheit gewinnen und dafür sprachen wir Herrn Weiss am Ende der Veranstaltung unseren großen Dank aus. Dieser unterstrich seinerseits sein großes Interesse, auch weiterhin mit unserer Schule zusammenzuarbeiten und er würde sich über eine intensive Kooperation zwischen der Albert-Schweitzer-Schule Sinsheim und der Bildungseinrichtung RomnoKehr sehr freuen. Ronja Lehmann, SG 12