„Kann ein Hering ertrinken?“

Oder: Vom Staunen zum Denken – Philosophieren mit Kindern

Philosophieren mit Kindern – was ist das und wie geht das? Diese Fragen durchzogen wie ein roter Faden die ganztägige Fortbildungsveranstaltung an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Professor Dr. Hans-Bernhard Petermann, der an der PH Philosophie lehrt, hat systematisch und humorvoll in das Thema eingeführt und gleich zu Beginn geklärt, dass Philosophieren nicht nur mit bekannten Philosophen und deren Theorien beziehungsweise Denkleistungen zu tun hat. Jeder Mensch kann auf seine Weise über die verschiedensten Sachverhalte des Lebens nachsinnen, sich seine subjektiven Bilder davon machen und Hypothesen als eigene Erklärungsversuche auf dem Weg der Erkenntnis entwickeln.

Gerade Kinder sind auf Grund ihrer Neugierde und ihrer Suche nach dem Verstehen der Welt ständig dabei, sich eigene Konstruktionen vom „Sinn des Lebens“ zu erbauen und sich auf neue und oft unkonventionelle Pfade des Entdeckens zu begeben. Erwachsene haben dabei die Aufgabe, diese Neugierde nicht nur zu erkennen, sondern sie permanent zu unterstützen.

„Philosophieren ist das ‚Fach des Fragenstellens‘“, meint Professor Petermann und zeigt damit deutlich auf, wie bedeutsam dies im Zusammenhang mit Bildung und Erziehung von Kindern ist. An einigen Beispielen aus dem Orientierungsplan für Kindergärten in Baden-Württemberg hat er dargestellt, wo Möglichkeiten des Philosophierens, des Fragen- und In-Frage-Stellens, Nachdenkens und Hinterfragens in der Bildungsarbeit liegen können.

Das Denken beginnt mit der Wahrnehmung, also ist es unbedingt erforderlich, die Wahrnehmung zu unterstützen, sie herauszufordern, Kinder zum Suchen nach verschiedenen Deutungsmöglichkeiten von sozialen und ethisch-moralischen Situationen zu motivieren.

An der Frage „Kann ein Hering ertrinken?“ und mit Bildern aus dem Bilderbuch „Herr Bohm und der Hering“ hat Professor Petermann dies sehr deutlich machen können: Auf viele Fragen gibt es verschiedene Antworten, viele Fragen entstehen erst durch andere Fragen, vieles kann man nur herausfinden, wenn man beharrlich aus verschiedenen Sichtweisen Fragen stellt, Gedanken sucht und nahezu unaufhörlich dabei im „Fluss des Denkens“ schwimmt.

Dies wurde dann auch am Nachmittag im zweiten Teil der Veranstaltung praktisch probiert, indem die Berufspraktikanten in verschiedenen Bilderbüchern nach Möglichkeiten des Philosophierens mit Kindern gesucht haben. Die Bilderbücher, die Professor Petermann dazu zur Verfügung stellte, hatten fast ausnahmslos moralisch-ethische Aussagewerte, die zu Denkprozessen geradezu aufforderten und die in ihrer Qualität als Medium des Philosophierens mit Kindern gut geeignet sind.

Besonders deutlich wurde bei dieser Veranstaltung auch, dass das Philosophieren mit Kindern, so wie es Professor Petermann dargestellt hat, das situationsorientierte Denken und Handeln in den Tageseinrichtungen für Kinder bestätigt. Sein „Plädoyer gegen den Nürnberger Trichter“ des Lernens, wie ihn einige aktuelle Lernprogramme in Kindergärten aufsetzen, zeigt auch im Einklang mit Ergebnissen der modernen Hirnforschung auf, wie notwendig es ist, Kinder am Entwickeln ihrer eigenen Lerngeschichten zu beteiligen und ihnen Gelegenheiten zu geben, in denen sie sich ihr Weltverständnis subjektiv konstruieren können. Philosophieren kann einen guten Beitrag dazu leisten, wichtige Schlüsselkompetenzen zu erwerben, die ein neugieriger, kreativer, kritischer und mündiger Mensch braucht. we