„Die geretteten Kinder“

Philosophie-Kurse des SG besuchen das Taeter Theater

Vor einigen Wochen trafen sich an einem Samstagabend die Schülerinnen und Schüler des Philosophiekurses der Stufen 12 und 13 mit ihrem Lehrer Michael Heitz vor dem Taeter Theater in Heidelberg. Gemeinsam wurde das Stück „Die geretteten Kinder“ von Hans-Werner Kroesinger besucht.

Das Theaterstück behandelt das Thema Kindertransporte von jüdischen Kindern aus Deutschland und Österreich nach Großbritannien in Folge der Novemberpogrome 1938. In den vorangegangenen Unterrichtsstunden setzen wir uns u.a. mit den Themenbereichen Zivilcourage, Umgang mit Minderheiten und Ausgrenzung auseinander. Als Vorbereitung für den Theaterbesuch beschäftigten wir uns intensiv mit Materialien von Centropa, einer in Wien ansässigen Institution und Zentrum zur Erforschung und Dokumentation jüdischen Lebens in Ost- und Mitteleuropa.

Als Einstieg sahen wir einen Film über Kitty Suschny. Darin wird über ihre Flucht von Wien nach England mit dem Kindertransport berichtet, die damit verbundenen Lebensumstände sowie über ihr Schicksal nach dem Krieg. Wie viele andere „gerettete Kinder“ war Kitty eine der wenigen Überlebenden in ihrer Familie. Ähnliches erfuhren wir aus Texten über Sophie Hirn sowie durch die Lebensgeschichten von Walter und Ludwig Durlacher aus Heidelberg. »

» Sie waren die Söhne von Hermann Durlacher, welcher bis 1933 an der Volksschule in der Plöck unterrichtete, dann aufgrund der nationalsozialistischen Rassengesetze die Schule verlassen musste und 1942 in Auschwitz ermordet wurde. Die Söhne konnten kurz vor Ausbruch des 2. Weltkrieges durch einen von dem Heidelberger Pfarrer Hermann Maas mitorganisierten Kindertransport nach England gerettet werden. Persönliche Aufzeichnungen, Berichte und Bilder der gebürtigen Heidelbergerin Liesel Fuhrmann (Großmutter von Michael Heitz und Schülerin von Hermann Durlacher in den 1920er Jahren), stellten einen weiteren Bezug zur Lokalgeschichte her.

Somit hatte das Thema sowohl einen internationalen wie auch regionalen Bezug und wir waren für das Theaterstück gut vorbereitet. In dem von Wolfgang Graczol inszenierten Stück erfahren die Zuschauer in einer Einführungssequenz zunächst wichtige Hintergrundinformationen zu den Kindertransporten. So konnten z.B. über 10.000 Kinder vor dem sicheren Tod gerettet werden. Allerdings hatte die Trennung „seelische Spuren“ bei vielen der Geretteten hinterlassen.

In der Folge werden von den acht beteiligten Schauspielern Abschiedsszenen in einem Bahnhof gezeigt. Diese machen den Besucher sehr betroffen. Auf beeindruckte Weise stellen die Akteure, entweder kollektiv oder in Einzelperspektive, den Abschiedsschmerz der Kinder und der Eltern dar, aber auch die Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen. Die Schauspieler fungieren dabei im Laufe des Stückes nicht mehr nur als Erzähler vieler Schicksale sondern werden auch zu Vermittlern des eigenen Schicksals der dargestellten Charakterfigur.

Was für manche der Kinder zunächst wie eine glückliche und rettende Tat aussieht „entpuppt“ sich in vielen Fällen als Enttäuschung. Nach der Ankunft in England suchen Pflegefamilien sich ihr „Wunschkind“ aus. Manche der Kinder haben Glück und kommen in wohlhabende Familien, andere wiederrum müssen als Haushälter und Dienstmädchen dienen oder landen in Waisenhäusern. Für alle geht jedoch ein gravierender Einschnitt in ihrem Leben einher.

Nach Ausbruch des 2. Weltkrieges erhalten immer weniger der Kinder Briefe ihrer Verwandten; immer öfter werden sie über eine bevorstehende Umsiedlung in den Osten informiert. Allmählich bleibt ein Großteil der Briefe an ihre Eltern unbeantwortet. Am Ende des Stückes wird deutlich: Nur wenige der Kinder werden gemeinsam mit ihren Eltern einen Neuanfang nach dem Krieg beginnen können. Ein Großteil von ihnen ist nun auf sich alleine gestellt.

Das Theaterstück ermöglichte den Schülerinnen und Schülern einen tiefen Einblick in die damals von den Kindern und Jugendlichen erlebte Form von Trennung, Hoffnung und Trauer. Dies machte uns sehr betroffen und hinterließ einen bleibenden Eindruck. Im Anschluss an die Vorführung lernten wir die Schauspieler bei einer Nachbesprechung persönlich kennen und konnten mit ihnen ins Gespräch kommen. Einer der Schauspieler ist ein Zeitzeuge und schilderte uns die damaligen Lebensverhältnisse nochmals aus seiner Sicht.

Mit neuen Einsichten über die Umstände der jüdischen Kinder und deren Familien während der NS-Zeit sowie sensibilisiert sich gegen jegliche Form von Ausgrenzung und Rassismus einzusetzen, traten wir die Heimfahrt in den Kraichgau an. Nicole Bura, SG 13.1, Albert-Schweitzer-Schule Sinsheim

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