Aus Fremden werden Freunde

Leitbildfest der Albert-Schweitzer-Schule blickt weit über den Tellerrand

„Die Menschen reden über euch, ihr seid ein Teil von ihnen geworden.“ Bis zu diesen eindringlichen Worten von Andreas Banse (SAM – Sinsheimer Arbeitgemeinschaft Migration) war vermutlich kaum jemandem wirklich bewusst, was die Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrkräften an der Albert-Schweitzer-Schule Sinsheim (ASS) bewegt hatten. Denn ihnen gelang, was auch in Sinsheim viel zu selten geschieht: Aus Fremden wurden Freunde.

„Respekt, Wertschätzung und Toleranz sollen Werte sein, die nicht nur in unserem Leitbild stehen, sondern die wir auch jeden Tag leben.“ So beschrieb Anette Holzwarth die Ausgangsbasis für das Leitbildfest 2011 an der ASS. Mit dem Verein SAM und seinem Engagement um das Asylbewerberheim in Sinsheim hatte sie auch einen Personenkreis gefunden, dem diese Werte allzu selten entgegen gebracht werden. Zusammen mit ihrem Kollegen Thorsten Hajna und Andreas Banse vom SAM war schnell ein Konzept entwickelt, das denen helfen sollte, die am meisten leiden, den Kindern.

„Das Heim war einfach nicht im Blickpunkt der Öffentlichkeit“, so Banse. „Ihr habt das mit euren Aktionen geändert“ bedankte er sich bei den Schülern der ASS. Denn die hatten die verschiedensten Aktivitäten entwickelt, um den Kindern im Asylbewerberheim zu einem Spielplatz zu verhelfen, zu einem Ort, an dem sie zumindest für einige Momente Fröhlichkeit und Leichtigkeit in ihrem sonst so schwierigen Leben erfahren können. Über 1.300 Euro erarbeiteten die Schüler und übergaben durch alle Klassensprecher gemeinsam einen großen Scheck an Banse, der schon bald in Spielgeräte eingetauscht werden wird.

Doch es war nicht das Geld allein, das als Ergebnis dieses Leitbildfestes am Ende feststand. Es war der geänderte Blick auf die Welt, der den Schülern neue Blickwinkel eröffnete und der nicht selten zu individuellem Engagement führte, an das man vorher nicht gedacht hatte. Da unterstützt der eine die Mannschaft im SAM-Café oder da bringt sich die andere im Asylbewerberheim ein, um dort zeitweise die Kinder zu betreuen. „All das sind kleine Schritte, doch sie alle helfen mit, die Welt ein bisschen besser zu machen“, betonte Banse. „Habt Mut und Kraft, am Thema ‚Integration‘ dran zu bleiben, denn es ist eure Zukunft und so gestaltet ihr sie aktiv mit.“

Wie immer gab es auch bei der dritten Auflage des Leitbildfestes ein großes Rahmenprogramm. Die Klasse „1BK2P feat. Daniel Musumeci“ trat mit einem selbst geschriebenen und selbst komponiertem Song auf. „Schau nach vorn, kleiner Mann“ forderte alle auf, Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen und sich auch von widrigen Umständen auf dem Weg in die Zukunft nicht entmutigen zu lassen.

Die Klasse 2BKSP1/2 unter der Leitung von Siegfried Kiesler stellte mit einem kleinen Einakter zum Thema „Asylbewerber – die unbekannten Wesen“ dar, wie hart Vorurteile an den Fakten zerschellen würden, wenn man sich den Fakten nur öffnete und wie leicht Klischees überwunden werden könnten, wenn man sein Mitgefühl nur nicht unterdrückte. Eine Thematik, die auch das Lied „Ca me regard“ von Yannick Noah, vorgetragen von der Klasse SG11 prägte.

Mit Peter Onu de Nice war außerdem ein Sänger zu Gast, der nur zu gut weiß, was für Schicksale hinter den Gesichtern im Asylbewerberheim stecken. „Der weint ja“, flüsterte eine erstaunte Schülerin bei seinem Liedvortrag „Child“. Tränen, welche die wenigsten der Anwesenden noch vor ein paar Wochen hätten verstehen können,  die aber nun bei jedem bleibende Spuren hinterlassen haben.

Doch nicht nur Musik und Theater standen auf dem Programm. Gerade die bildende Kunst bietet ja unendliche Möglichkeiten, ein komplexes Thema im Wortsinn „anschaulich“ darzustellen. So gab es eine Vielzahl kreativer Objekte und informativer Plakate zu bewundern. Und weil kaum etwas Menschen näher bringt, als eine geteilte Mahlzeit, gab es kulinarische Köstlichkeiten aus verschiedenen Ländern zu probieren – wie auch saftige Steaks vom Grill. Petrus hatte das Leitbildfest übrigens mit besonders schönem Wetter bedacht, so dass sich in Schulhaus und Pausenhof echte Feierstimmung verbreitete.

Das Schulhaus sollte übrigens auch, wie bei den ersten beiden Leitbildfesten, eine bleibenden Erinnerung erhalten. Dafür sorgte in diesem Jahr kein anderer als Rolf Zimmermann. Über drei Jahrzehnte hatte er die ASS mitgestaltet und auch wenn er seit August 2010 im Ruhestand ist, so wollte er es sich doch nicht nehmen lassen, der ASS ein weiteres Geschenk zu machen – diesmal als Vorsitzender des Fördervereins: Auf seine Initiative hin gestaltete der Künstler Klaus Fischer ein Bild und übergab es an Dr. Helga Waller-Baus, die neue Schulleiterin der ASS. Mit „Vielfalt in der Einheit“ kann man das Bild beschreiben: In einem Kreis, dem Symbol für Harmonie schlechthin, sammeln sich in lebhafter Farbenfröhlichkeit die unterschiedlichen Charaktere, Fähigkeiten, Menschen und Kulturen um alle gemeinsam, mit ihrem unverwechselbaren und unverzichtbaren individuellen Wert die Gemeinschaft zu gestalten und zu bereichern.

Respekt, Wertschätzung, Toleranz – nur Worte auf Papier? Nicht an der Albert-Schweitzer-Schule Sinsheim: Hier sind Schüler und Lehrkräfte beständig dabei, diese Werte zu leben und mit gutem Beispiel voranzugehen. hrb