Überleben in Sarajevo

Eine Centropa-Wanderausstellung in Sinsheim

Nach Stationen in Berlin, Bonn und New York war zum ersten Mal in Süddeutschland eine Ausstellung ganz besonderer Art zu sehen. Die in Wien ansässige NGO Centropa zeigte im Sinsheimer Rathaus die von ihr konzipierte Ausstellung „Überleben in Sarajevo – Die Geschichte von La Benevolencija“. Gemeinsam mit unseren Kooperationspartnern Anpfiff-ins-Leben und dem Verein Jüdisches Leben Kraichgau, sowie mit der Volkshochschule Sinsheim, dem Hartmanni-Gymnasium Eppingen, dem Ottheinrich-Gymnasium Wiesloch und dem Erlebniszentrum Mühle Kolb, ist es unserer Schule gelungen, dieses besondere Ausstellungsprojekt in den Kraichgau zu holen.

In der ersten Ausstellungsphase stand die Ausstellung vor allem Schulen aus der Region um Sinsheim und Eppingen zur Verfügung. Mehrere Klassen der Albert-Schweitzer-Schule nutzten die Möglichkeit des Besuches, um anschließend die Ausstellungsthematik im Unterricht zu vertiefen. In den Faschingsferien besuchten Jugendspieler der TSG 1899 Hoffenheim die Ausstellung im Rahmen eines interkulturellen Projektes. Danach war die Ausstellung für eine Woche in den Räumen der Volksbank Kraichgau in Wiesloch zu sehen und wurde vom Ottheinrich-Gymnasium betreut. Worum geht es in der Ausstellung, bei der Ministerin Bilkay Öney vom Ministerium für Integration des Landes Baden-Württemberg die Schirmherrschaft übernommen hat?

In Jugoslawien brach in den 1990er Jahren ein Bürgerkrieg aus, der das ganze Land spaltete. Vor diesem Bürgerkrieg lebten in Jugoslawien Menschen mit verschiedenem kulturellen und religiösen Hintergrund zusammen: es gab Slowenen, Kroaten, Serben, Muslime, Montenegriner, Mazedonier, und Juden. Auch in Sarajevo, damals einer der größten Städte Jugoslawiens und heute die Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina, hatten Menschen aller Kulturen und Religionen friedlich zusammengelebt – noch heute findet man dort in unmittelbarer Nähe muslimische Moscheen, christliche Kirchen und jüdische Synagogen.

Viele Einwohner Sarajevos waren auch während des Bürgerkriegs der Meinung, dass dieses multikulturelle Zusammenleben so bleiben sollte. So beschloss die kleine jüdische Gemeinde Sarajevos (gemeinsam mit ihrer Hilfsorganisation „La Benevolencija“), dass sie in diesem Konflikt nicht Partei ergreifen würde, denn die jüdischen Einwohner Sarajevos lebten gerne mit ihren muslimischen, serbisch-orthodoxen und kroatisch-katholischen Nachbarn zusammen. Die von Centropa (Wien) initiierte Ausstellung zeigt, wie die jüdische Organisation „La Benevolencija“, gemeinsam mit ihren nichtjüdischen Nachbarn, während des Kriegs 1992–1995 ihrer Heimatstadt Sarajevo geholfen hat.

Aus Respekt vor „La Benevolencijas“ religionsübergreifender Funktion konzentriert sich die Ausstellung nicht auf politische oder religiöse Konflikte, sondern auf die Geschichte der jüdischen Gemeinde Sarajevos und der Hilfsorganisation „La Benevolencija“, und auf die Rolle, die sie während des Bosnienkriegs gespielt hat. Die Schülerinnen und Schüler, Jugendspieler und Besucher des Rathauses beziehungsweise der Volksbank Kraichgau Sinsheim erfahren dabei auch, wie eine multikulturelle Gesellschaft selbst unter schwierigsten Rahmenbedingungen und Bedrohung funktionieren kann.

Am 5. Februar fand die offizielle Eröffnung mit über 110 geladenen Gästen im Rathaus Sinsheim statt. Neben dem Mitbegründer von La Benevolencija, Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Sarajevos und ehemaligen Botschafter Bosnien-Herzegowinas in der Schweiz, Jakob Finci, dem Leiter von Centropa, Edward Serotta und dem Bildungsdirektor von Centropa, Fabian Rühle, konnten auch der Generalskonsul von Bosnien-Herzegowina, Dragan Dragić, der Konsul von Bosnien-Herzegowina Dag Đumrukčić sowie der bosnische Nationalspieler und Abwehrspieler der TSG 1899 Hoffenheim, Ermin Bičakčić, begrüßt werden. Unter der Moderation von Mike Diehl und Fabian Rühle wurden Jakob Finci, Edward Serotta und Ermin Bičakčić unter anderem über die Situation während des Bosnien-Krieges, dessen Folgen und vor allem über die Lösungsmöglichkeiten derartiger Konflikte interviewt.

In der Eröffnungsveranstaltung wurde ebenfalls ein Kurzfilm über die Geschichte von La Benevolencija gezeigt, welcher auch Teil des Ausstellungsbesuches der Schüler und Jugendspieler ist. Im Anschluss nutzen viele Gäste die Möglichkeit mit den Ehrengästen und untereinander ins Gespräch zu kommen.

Unsere Kolleginnen Ronja Baumgärtner und Carmen Ruck-Gawron sorgten dabei für das „leibliche Wohl“. Gemeinsam mit ihren Schülern bereiteten sie ein wahres „kulinarisches Feuerwerk der Genüsse“ vor. Am Abend selbst übernahmen sechs Schüler der 2BKSP2.2 die Bewirtung. Einige der Gäste waren derart vom der Qualität und des Services unseres „hausinternen Caterings“ begeistert, dass die zwei verantwortlichen Lehrerinnen angesprochen wurden, ob wir auch für andere Veranstaltungen angefragt werden können. An dieser Stelle nochmals ganz herzlichen Dank an Carmen Ruck, Miriam Siegele und Ronja Baumgärtner und alle Schüler für das große Engagement.

Große Unterstützung haben wir für das Ausstellungsprojekt von der Dietmar-Hopp-Stiftung (Meike Leupold) und der Volksbank Kraichgau Wiesloch-Sinsheim (Gerald Barth) erfahren. Ohne die finanzielle Förderung der Dietmar-Hopp-Stiftung und Volksbank Kraichgau hätten wir diese Ausstellung so nicht realisieren können. Dafür sind wir sehr dankbar. Inzwischen liegen verschiedene Presseberichte sowie ein Film über die Eröffnungsveranstaltung vor: Film, Presse 1, Presse 2. hei

Bilder 1–5: Siegbert Guschl
Bild 6: Michael Heitz