Kritischer Karneval

Wie ein Klassiker der Musik den Finger in die Wunden der Natur legt

Ein bisschen Öl im Golf von Mexiko – hatten wir schon, geht vorbei. Wie sehr die Tierwelt leidet, ist in unserer Zeit der Hektik samt immer neuer „breaking news“ schnell vergessen. Die angehenden Erzieherinnen und Erzieher der Albert-Schweitzer-Schule Sinsheim aber vergessen nicht: In eindrucksvollen und bewegenden Szenen zeigten sie den verzweifelten Kampf der Natur ums nackte Überleben indem sie den Klassiker „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saëns mit kritischen Zwischentönen und erschreckenden Fakten kombinierten.

Fröhlich-bunte Fische, die eben noch lebhaft um leuchtende Korallenriffe schwammen, sind auf einmal gefangen inmitten schwarzer „Ölschlangen“. Langsam ist dieser Tod, langsam und qualvoll. Doch sie können ihn wenigstens kommen sehen. Ganz anders „der Kuckuck in der Tiefe des Waldes“: Er und die anderen Waldbewohner beobachten nur, dass eine mysteriöse Gestalt einen Sack vergräbt – wer weiß, was sich darin wohl für Gifte verbergen.

„Verborgen“ waren auch die Schüler, verborgen hinter Masken. Die Co-Produktion von Christine Kluge (Bildende Kunst) und Iris Steinman (Rhythmik und Musik) zeichnete sich erneut durch eine lebendige Kreativität aus, in der sich künstlerisches Gestalten und szenische Darstellung aufs Wunderbarste ergänzen. „Masken sind etwas äußerst anspruchsvolles,“ erklärte Christine Kluge. „Sie müssen ‚tragbar‘ sein und trotzdem nicht nur das Aussehen, sondern besonders auch den Charakter der dargestellten Tiere vermitteln.“

Auf der anderen Seite galt es mit dem „Karneval der Tiere“ eine Musik in Bewegung umzusetzen, die von feinsinnigen Anspielungen und ironischen Kommentaren lebt, erläuterte Iris Steinmann. Bestes Beispiel für den Einfallsreichtum der Schüler aus den Klassen 2BKSP2/1 und 2BKSP2/2 waren die Elefanten: Im Porzellanladen wackelten die Regale allein vor Angst beim Anblick der Dickhäuter. Die tanzten sodann in eleganten Pirouetten zwischen den Stapeln des weißen Goldes – und zwar völlig unfallfrei.

Dass eine so aufwändige Produktion kein Werk von wenigen Wochen ist, versteht sich von selbst. Dass aber alle über lange Monate mit vollem Eifer bei der Sache waren, ist der guten Atmosphäre an der ASS geschuldet – besonders aber dem großen Engagement der Schüler. Dabei waren auch nicht nur die „Karnevalisten“ aktiv: Schließlich erfordert eine solche Produktion auch einen hohen logistischen Aufwand. Der wurde von den Klassen 2BKSP1/1 und 2BKSP1/2 bewältigt.

Damit gaben die vier Klassen auch das beste Beispiel für die „Neuen“: Denn wie jedes Jahr war die Aufführung nicht nur eine Demonstration der Leistungsfähigkeit und Kreativität der angehenden Erzieher, sondern auch die Begrüßung für die Neuzugänge in der Erzieherausbildung. So wurde direkt gezeigt, wohin die Reise in der Ausbildung gehen wird und was für wertvolle Kenntnisse und Fähigkeiten erworben werden können. hrb