„Wie war das denn damals in der DDR?“

Eine Zeitzeugin erzählt im GGK-Unterricht der 2BFH2

Da die 2BFH2 zum Thema „Erziehung und Schulbildung in der DDR viele kritische Fragen hatte und nicht glauben konnte, dass das Schulsystem so manipuliert und manipulierend war, luden die Geschichtslehrerin Isabell Metzger und die Klasse eine Zeitzeugin ein. Frau Lippold, die Mutter einer Mitschülerin aus der Klasse kam dann in den Unterricht. In einer entspannten Fragerunde konnten die Schüler/innen alle möglichen Fragen stellen. Frau Lippold ist 44 Jahre alt und stammt aus Sachsen-Anhalt, sie war sehr sympathisch und locker, die Lernenden durften sie sogar duzen. Sie erzählte zunächst etwas zum Schulsystem: Montags war es so, dass man die FDJ-Uniform anziehen musste und zum Appel erscheinen musste. Es war eine Art „freiwilliger Zwang“. Wer nicht erschien oder keine Uniform anhatte, wurde vor der Schule bloßgestellt.

Da Frau Lippold damals in der Schule sehr gute Noten hatte und auch vom Elternhaus große Unterstützung erfuhr, konnte sie es sich leisten, auch das ein oder andere Mal in der Schule zu widersprechen oder die FDJ-Uniform nicht anzuziehen. Ihre Eltern standen selbst bei Anrufen der Lehrer hinter ihr. Dies zeigt, dass auch ein wenig Widerstand möglich war.

Frau Lippold ist selbst sehr streng und mit vielen Werten erzogen worden, erzählte sie uns. Ihre Eltern hatten eine Bäckerei in dem Dorf, wo sie lebten und waren selbstständig. Frau Lippold betonte, dass der Zusammenhalt damals untereinander sehr groß war. Man half sich immer sehr gerne oder tauschte auch Dinge untereinander aus, die man selbst nicht besaß.

Sehr interessant war, dass Frau Lippold ihre alten Ausweise mitgebracht hatte und uns zeigte. Wir sahen den FDJ-Ausweis, ihren Personalausweis und den Ausweis der sowjetischen Freundschaft. Toll war auch, dass sie ihre echte FDJ-Uniform mitgebracht hatte. So konnten sich alle sehr gut vorstellen, wie es damals war.

Dass es damals zum Beispiel keine Plastiktüten in der DDR gab, wunderte die Klasse sehr. Sie galten als westliches Propagandawerkzeug. Sehr gut kamen die Süßigkeiten von Frau Lippold an, die damalige Ostprodukte sind: Wir probierten Hallorenkugeln und Schokoflakes. Frau Lippold unterstützt diese Produkte auch heute besonders.

Sehr interessant war für die Lernenden die Tatsache, dass der Staat sehr viel in die Kindererziehung eingriff. Für manche war es schwer vorstellbar, dass man sein Kind schon mit sechs Wochen in die Krippe bringen musste, da auch die Frauen voll berufstätig waren. Dass der SED-Staat sehr viel Einfluss hatte, zeigte sich an der Tatsache, dass man Mitglied sein musste, um auf die erweiterte Oberschule zu kommen und einen besonders guten Notendurchschnitt von 1,5 brauchte. Gute Beziehungen waren immer nötig.

Sehr spannend für die Klasse war die Geschichte, die Frau Lippold von einer Begegnung mit der Stasi erzählte. Damals als sie noch ein Kind war, wollten ihre Eltern das Bad renovieren und trafen sich mit der Westverwandtschaft, um an Material wie Fliesen zu kommen. Sprich, das Material wurde über die Grenze geschmuggelt und man traf sich auf einem Parkplatz nahe Berlin. Dort wurden dann heimlich die Tüten und Koffer getauscht. Die Stasi hatte dies mitbekommen und verfolgte die Familie von Frau Lippold im Auto. Sie wurden auf einer Raststätte festgenommen und in die Stasizentrale gebracht. Dort wurden die Eltern verhört. Als Kind hatte Frau Lippold diese Erfahrung aber als nicht so schlimm empfunden. Sie erzählte uns auch, dass sie damals als Kind das DDR-Regime nicht so bewusst wahrgenommen hat und auch keine Angst hatte.

Wir redeten auch über die Urlaubsmöglichkeiten, diese bestanden darin, dass man nach Ungarn reisen konnte, was aber sehr teuer war. Daher nahmen die Familien oft sehr viel eigenen Proviant mit, das Bier dort kostete nämlich 8 Ostmark, das war sehr teuer.

Am Ende der Gesprächsrunde wurde noch gefragt, wie damals gefeiert wurde und ob es auch Discotheken gab. Frau Lippold bejahte dies und erzählte uns, dass es am Samstag von 19:00 bis 00:00 Uhr Clubs und Discos gab, die DJs spielten Musik, die für den Staat OK war. Es wurde auch gerne Alkohol getrunken und wild gefeiert.

Es war eine tolle und interessante Begegnung mit Frau Lippold, die zeigt, dass Zeitzeugenberichte sehr spannend für Schülerinnen und Schüler sind. Alle hörten interessiert zu und stellten viele Fragen. Wir bedankten uns mit Pralinen bei Frau Lippold. me