Ein Tag im Wald…

…während der Einführungstage im 1 BKSP war ein voller Erfolg!

In der ersten Schulwoche haben die Klassenlehrerinnen Simone Bühler und Annette Gerstenecker mit ihren Klassen 1BKSP1 und 1BKSP2 einen Tag in der Natur unter dem Thema „Wahrnehmen, Beobachten, Wachsen und Erziehen“ erlebt.

Gemeinsam mit Yves Bellon (Päd.), Stephanie Müller (Päd.), Julia Powelske (kath. Religionspädagogik), Iris Steinmann (Rhythmik, Musik und Bewegung) waren Sie im Neckargemünder Wald am Kümmelbach unterwegs. Um 8 Uhr trafen sich alle pünktlich am Sinsheimer Bahnhof, beziehungsweise fuhren mit Privat-Pkw und Fahrgemeinschaften nach Neckargemünd. Nun folgte ein kleiner Spaziergang zur Schützenhausstraße, dort wartete die erste Station des Tages: Vor der Garage von Stephanie Müller, die den Tag vor Ort organisierte, wurden Gruppen gebildet. Die erste Gruppe hatte gleich die Aufgabe, den bereit stehenden Bollerwagen mit Material und Vesper in den Wald zu ziehen. Nach 1 km leichter Wanderung, einer weiteren Station an der alten Villa mit Kartenmaterial und GPS hatte eine Gruppe die Aufgabe, sich zu orientieren und auf der Karte und dem anschließenden Waldweg den Zielort zu finden.

Hier wurde der Alltag unserer Auszubildenden simuliert. Diese praxisnahe Situation erleben die Schüler und Schülerinnen während ihrer Praxistage, beispielsweise beim Ausflug mit Krippen- oder Schulkindern immer wieder. Mit vereinten Kräften wurde der Bollerwagen über so manche bucklige Wurzel und Quelle getragen, bis der Platz, an dem die weiteren 6 Stationen für die weiteren Arbeitsgruppen vorbereitet waren, vor uns lag. Der naturbelassene Bachlauf, Waldwege, Kreuzungen, unterschiedliche Baumgruppen und wie von einem Riesen hingeworfene Buntsandsteinbrocken (Ausläufer des Heidelberger Felsenmeeres) ließen die Auszubildenden leise werden. „Oooh, ist das voll schön hier….“ aber auch „Hääääh? – sind wir jetzt endlich da?“ oder „Mann, ich kann nicht mehr, das ist ja total die Wanderung!“

Wir waren alle (64 Personen und kein Gedränge…) mit den unterschiedlichsten Erwartungen an den vor uns liegenden Tag angekommen. Spätestens jetzt erkannte ein kleiner Teil der beiden Klassen, dass es sinnvoll gewesen wäre, das Informationsblatt – am Tag zuvor im Unterricht ausgeteilt – auch zu lesen… Festes Schuhwerk und statt Hand- oder Schultertasche ein Rucksack wären beim Stationenlauf von Vorteil gewesen!

Doch so erfüllte sich wie von selbst unser Lernziel: Die Azubis erfuhren ganz von allein, durch ihre eigene Erfahrung, ihr Verhalten und praktisches Tun, sich angemessen in der Natur zu bewegen. (Beim nächsten Besuch im Wald, zum Beispiel während des Praktikums im Kindergarten werden sie wissen, dass Stoffschuhe nicht wirklich geeignet sind, um mit Kindern einen Bachlauf zu erforschen, auch wenn es sich um „coole Chucks“ handelt.) Und wir Lehrkräfte waren eben mal nicht in der theoretisch erklärenden, sondern in der sanft lächelnden, verständnisvoll blickenden, aufmunternd erklärenden Rolle und ließen den Wald und die gesamte Natur als „dritten Erzieher bzw. Lehrer“ wirken!

Vier Stunden hatten die Lernenden Zeit, sich selbst organisiert Stationen auszusuchen, die Reihenfolge zu bestimmen, sich in den Gruppen miteinander abzusprechen und auszutauschen. Es war eine sehr motivierte, freundliche und intensive Phase des Lernens. Selbst beim Vespern zwischendurch wurde am Bach gesessen, sich an einen Baum gelehnt und umhergeschaut (statt draußen Zigarette rauchend, im Klassenzimmer still sitzend oder mit dem Smartphone soziale Kontakte pflegend…)

Die Regeln waren: Kein Feuer + Zigarette im Wald, alle geben aufeinander acht, Respekt vor den Pflanzen und Tieren durch leises Sprechen und Gehen, Smartphone nur in Ausnahmefällen zum Fotografieren oder bei Notfall zu gebrauchen. All das wurde vier Stunden am Stück ohne Murren, sondern mit selbstverständlichem Einsehen von sechzig Azubis ( + sechs Lehrenden) akzeptiert! Allein das fand ich persönlich sensationell.

Im lernfeldübergreifenden und handlungsorientieren Unterricht am Kümmelbach und im Wald gab es Stationen, die die Auszubildenden in ihrem persönlichen Lerntempo aufsuchen konnten.

Die Lernstationen:

Yves Bellon baute mit einer Gruppe die Slackline auf, dort wurden die Azubis eingeladen, Balance zu halten, sich gegenseitig zu helfen und nach einem geeigneten Platz dieser erlebnispädagogischen Aktion zu suchen.

Eine weitere Station betreute er, in dem er die Gruppen mit der Aufgabe in den Wald schickte, sich zu einer Märchenszene mit allen Fundstücken des Waldes ein Bild legen zu lassen.

Simone Bühler (Naturpädagogik) hatte eine Zwergengeschichte vorbereitet, die einlud, mit Naturmaterialien, die zu finden waren, ein vom Wind zerstörtes Zwergendorf von Necki, dem Neckargemünder Kümmelbachbewohner, wieder zu errichten.

Annette Gerstenecker hatte etwas weiter entfernt, an einem großen Buntsandsteinfelsbrocken, ein Lager aufgeschlagen. Dort gab es mit „Match the words“ englische Wörterfindungen und Zuordnungen von Begrifflichkeiten zu finden. Wissen Sie vielleicht was Raupe oder Moos auf Englisch heißt?

Stephanie Müller mutete den Lernpersonen zu, auf eigene Faust die Reise ins Unbekannte, also den Bachlauf hinauf Richtung Linsenteich zu laufen und zu schauen, ob sie die „geheimnisvolle Kinderburg“ entdecken würden.

Begeistert kamen die Schüler und Schülerinnen zurück, sind oftmals noch weiter gewandert und berichteten lachend von nassen Füßen „Da war voll das Moor!“ oder spontanen Ideen „Wir haben einfach unsere Schuhe ausgezogen und sind ein bisschen im Bach über die Steine gehüpft.“

Julia Powelske bot mit verschiedenen Zeitschriften, Bilderbüchern, Sachbüchern der sozialpädagogischen Handlungsfelder (von Arche Noah bis Wahrnehmungspsychologie) und Naturführer ein breites Spektrum an Lesestoff und Hintergrundinformationen. Überall sah man Azubis sitzen, die in Büchern blätterten, verglichen, miteinander Fachgespräche führten und lasen.

Bei Iris Steinmann, an der Wegekreuzung des Neckarsteigs gelegen, wurden die Ohren gespitzt und die Augen geschlossen. Mit einer gezielten Hör- und Wahrnehmungsübung wurden einzelne Gruppen sensibilisiert, ganz genau zu horchen, hinzuhören, etwas zu befühlen, zu bewegen und ihre Erfahrungen aufzuzeichnen. Mit Erstaunen nahmen die Auszubildenden sich und ihre Umgebung neu oder anders wahr.

Materialkisten mit Notfall-Erste-Hilfe-Tasche, Werkzeug, Ersatzkleidung, Kartenmaterial, Handtüchern, Wickelunterlage, Toilettenpapier („Tja, was ist, wenn das Wickelkind mal muss…? Wickeln? Hier? Auf dem Waldboden? – Ist das nicht unhygienisch?…“) wurden betrachtet.

Obwohl sich die Lernenden erst zwei Tage zuvor an den Einführungestagen kennen gelernt hatten, war an diesem Tag eine sehr angenehme soziale Gruppendynamik zu beobachten. Gegenseitige Unterstützung, Neugier, Vertraut werden mit fremden Situationen, Personen und Aufgaben – all das in einer alle Sinne ansprechenden Umgebung, wurde intensiv wahrgenommen. Es war ein erfolgreiches Projekt, trotz oder gerade wegen der knappen Vorbereitungszeit von einer Woche und dank der Spontaneität und des Engagements aller teilnehmenden Lehrenden. Nachdem in den nächsten Wochen die Erfahrungen professionell reflektiert werden (Lerninhalt Lehrplan BKSP) werden wir dieses kleine Projekt dokumentieren und am Planungstag der FSP an die Abteilungsleitung weitergeben. Deren Unterstützung und Interesse ist bereits zugesagt. Wer weiß, vielleicht wird es einen festen Platz für dieses Projekt innerhalb der Erzieherausbildung geben.

Frei nach Lurchi: Lange tönt’s im Walde noch, Erzieherinnen leben hoch! mül